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Edge Computing als Türöffner für Datenökonomie

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Vom digitalen Patientenzimmer zur Stabilisierung der Stromnetze

Edge Computing als Türöffner für die Datenökonomie

Eine effektive Datenbewirtschaftung ist essenziell für ein nachhaltiges Wachstum der deutschen Wirtschaft, steht aber hierzulande immer noch in den Kinderschuhen. Im Zuge des KI-Hypes wächst zwar das Interesse für die Umsetzung datenbasierter Geschäftsmodelle, deren Umsetzung erfordert jedoch auch eine geeignete Infrastruktur für die Datenverarbeitung. Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts für Software und Systemtechnik ISST hat sich dieses Problems nun angenommen. Sie diskutiert das Potenzial von Edge Computing für die Datenwirtschaft und stellt innovative Anwendungsszenarien in diesem Feld vor. Unser Autor, IT-Analyst Dr. Andreas Stiehler, hat die Studie für den gridscale-Blog unter die Lupe genommen. 

Datenwirtschaft in Deutschland: noch in den Kinderschuhen?

Für ein entwickeltes Industrieland wie Deutschland, das über wenige natürliche Ressourcen verfügt, ist eine effektive Nutzung von Daten von immenser Bedeutung. Und doch, so belegen die Ergebnisse einer Bitkom-Studie aus dem Jahr 2023, schöpft die überwiegende Mehrheit der deutschen Unternehmen (64 %) das Potenzial ihrer Daten nicht aus. Ohne eine intelligente Datenbewirtschaftung aber lassen sich die zentralen Herausforderungen unserer Zeit, von Fachkräftemangel, über Energie- bis Klimakrise, nicht in den Griff bekommen.

Immerhin scheint das Thema hierzulande allmählich voranzukommen – wie ein Vergleich mit den Ergebnissen der Vorgängerstudie (Grafik unten) zeigt. So ist der Anteil derjenigen Unternehmen, die sich mit datengetriebenen Geschäftsmodellen bislang nicht beschäftigt haben (oder keine Angabe machen konnten), von 30 Prozent im Jahr 2022 auf 16 Prozent im Jahr 2023 gesunken. Dagegen hat der Anteil derjenigen, die sich bei diesem Thema als Vorreiter oder Mittelfeld positioniert sehen, deutlich zugenommen.   

Edge Computing Datenpotenzial
Edge Datengetriebene Geschäftsmodelle
Edge Datenökonomie Edgebasierte Infrastruktur

Datenbasierte Geschäftsmodelle erfordern Edge-basierte Infrastruktur

Tatsächlich, so bestätigen die Befragungsergebnisse, hat im Zuge des KI-Hypes das Interesse der Unternehmen an den datenbasierten Geschäftsmodellen spürbar zugenommen. Allerdings erfordert die erfolgreiche KI-basierte Datenwirtschaft mehr als nur intelligente Algorithmen und eine riesige Menge an Daten, die heute über die omnipräsenten Sensoren und Kameras generiert werden. Die Unternehmen müssen sich auch damit auseinandersetzen, wie sie die Massendaten schnell, sicher und effizient sammeln, verarbeiten und verwalten können – sowie dabei ihre Datensouveränität bewahren, den Datenschutz umsetzen und ein Mindestmaß an Kontrolle behalten können.  

Eine Herkulesaufgabe, bei deren Adressierung schnell klar wird: mit Cloud Computing als alleinigem Bereitstellungsmodell kann das nicht funktionieren. Der Versand all der vor Ort generierten Daten zur Verarbeitung in eine zentrale Cloud wäre schlicht zu langwierig, zu teuer und würde (weitere) datenschutzrechtliche Probleme aufwerfen. Besser ist es, einen (Groß-) Teil der Daten dezentral, näher am Rand des Netzwerkes (Edge) zu verarbeiten – also dort, wo die Daten geniert werden und wo die Anwendungen laufen – siehe hierzu den gridscale-Blogbeitrag »Edge Computing und KI«.

Kurzum: Um datenbasierte Geschäftsmodelle erfolgreich umsetzen zu können, sollten die Unternehmen zunächst ernsthaft erwägen, Edge-Computing-Möglichkeiten auszubauen bzw. das Cloud-Edge-Kontinuum zu erweitern (siehe gridscale Edge-Computing-FAQ).

Fraunhofer-Studie: Zusammenspiel von Datenwirtschaft und Edge Computing

Wie »Datenwirtschaft und Edge Computing« in der Praxis konkret zusammenwirken und welches Potenzial aus diesem Zusammenspiel erwächst, zeigt eine aktuelle, im Januar 2024 veröffentlichte Studie des Fraunhofer-Instituts für Software und Systemtechnik ISST Dortmund

Edge Computing, so bestätigt die Diskussion hier einmal mehr, ist ein Türöffner für die Realisierung innovativer datenbasierter Anwendungen. Im Ergebnis stehen optimierte interne Prozesse und Organisationen, neue Produkte und Märkte und neuartige Geschäftsmodelle.

Edgecomputing Datenwirtschaft

Studie zeigt innovative Edge-Anwendungsfelder, wo man sie nicht vermutet

Einen echten Neu- und Mehrwert entfaltet die Studie bei der Vorstellung und Diskussion Edge-basierter Datenwirtschaftsanwendungen. Denn die Autorenschaft hält sich an dieser Stelle nicht mit theoretischen Abhandlungen und einer beispielhaften Nennung der »üblichen Verdächtigen« auf, sondern wird konkret. Im Fokus der Diskussion stehen zehn hochinnovative Anwendungsszenarien, die derzeit im Rahmen des Technologieprogramms »Edge Datenwirtschaft« des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz von Forschungseinrichtungen im Verbund mit Praxispartnern realisiert werden. Das Spektrum der skizzierten Use Cases reicht vom intelligenten Management von Abwassersystemen über das digitale Patientenzimmer bis hin zur Einbindung von Kleinst-Energieerzeugungsanlagen in das Redispatching zur Stabilisierung der Stromnetze.

Wer sich für eine detaillierte Beschreibung der Szenarien interessiert, sollte unbedingt einen Blick in die Studie werfen. Neben einer anschaulichen Skizzierung gibt es dort auch einen Link zu den zugehörigen Forschungsprojekten.  

Edge Datenökonomie Innovation
Edge Computing Anwendungsszenarien
Edge Treiber Energiewende Nachhaltigkeit

Edge Computing + KI = Nachhaltigkeit

Die Gesamtschau der skizzierten Fälle führt zu zwei zentralen Erkenntnissen: Erstens fällt auf, dass Edge Computing und intelligente Algorithmen (KI) eine geradezu perfekte Symbiose bilden, fast jeder Anwendungsfall baut auf diese Verbindung. Die Kombination aus intelligenten Algorithmen und Edge-Computing-Infrastruktur bildet schließlich auch die Grundlage für einen effizienten und nachhaltigen Umgang mit knappen Ressourcen – von Energie über Fachkräfte bis hin zu Nahrungsmitteln. 

Was zur zweiten zentralen Erkenntnis führt: Das Thema Nachhaltigkeit entpuppt sich in dieser Studie als ein zentraler Treiber für Edge-basierte Datenwirtschaftsanwendungen. 

Dieses Bild wird weiter untermauert durch die Ergebnisse einer Befragung von Verantwortlichen der Projektpartner zu den Potenzialen und Herausforderungen der Edge-Computing-Nutzung in der Datenwirtschaft. Demnach rangiert die Möglichkeit, mittels Edge Computing die ökologische Nachhaltigkeitsbilanz zu verbessern, an zweiter Stelle der von den »Early Adopters« eingeschätzten Edge-Potenziale – gleich nach dem »Vorantreiben der digitalen Transformation« und noch vor der »Entwicklung und Vermarktung neuartiger Produkte und Services« oder der »Steigerung der Nutzerzufriedenheit.«  

Edge Computing Herausforderungen Potenziale

Technische Komplexität stellt besondere Herausforderungen

Bei den genannten Herausforderungen stehen das Management und die Orchestrierung der Edge-Geräte, die Portabilität und Interoperabilität von Daten und Komponenten sowie die technische Umsetzung der Datensouveränität ganz oben auf der Liste. Was wenig verwundert: Edge-Computing-Anwendungen sind als verteilte Lösungen definitionsgemäß technisch komplex. Ein ganzheitliches Management der Hardware, Anwendungen und Daten birgt so gerade in der Frühphase der Entwicklung noch große Probleme. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, potenzielle Lösungs- bzw. Kooperationspartner bereits in der Phase der Ideengenerierung einzubinden – eine von insgesamt sieben zentralen Handlungsempfehlungen, die aus den Aussagen der Befragten abgeleitet wurden und zum Abschluss der Studie für unterschiedliche Umsetzungsphasen präsentiert werden (siehe Grafik unten).

Edge Computing Handlungsempfehlung

Die Studienlektüre lohnt sich!

Mein Fazit nach der Lektüre: Unternehmen, die das Potenzial ihrer Daten besser ausschöpfen und datenbasierte Geschäftsmodelle realisieren wollen, sollten sich eingehend mit dem Thema Edge Computing und in diesem Zusammenhang auch mit der hier vorgestellten Studie auseinandersetzen: Speziell für die Identifikation relevanter Use Cases bietet sie zahlreiche Lösungsansätze mit innovativen Anwendungen, wo man sie nicht vermutet, sowie fundierte Handlungsempfehlungen. 

Kurzum: Ein »Must Read« für Datenwirtschafts-, KI- und Infrastrukturverantwortliche in den Unternehmen. 

→ zum Studien-Download

Andreas Stiehler Porträt

Dr. Andreas Stiehler

Dr. Andreas Stiehler begleitet als IT-Analyst, Autor und Berater
seit mehr 20 Jahren Forschungs- und Beratungsprojekte zum
digitalen Wandel. Seine Kernthemen sind hierbei Digital Work &
Digital Workplace, Kundenservice im digitalen Wandel sowie das
Management von Wissensarbeit(ern). Der promovierte Volkswirt
mit Schwerpunkt auf Verhaltensökonomie setzt sich dafür ein,
den digitalen Wandel ganzheitlich zu betrachten und dabei die
Menschen stärker in den Fokus zu rücken.

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