FinOps erklärt: Konzept und Anwendungen
Ohne ganzheitliches Management führen Cloud und Edge Computing in die Kostenfalle
Was verbirgt sich hinter FinOps? Warum sollten sich mittelständische Cloud-Kunden hierzulande mit diesem Thema auseinandersetzen? Wer steht hinter der Entwicklung von FinOps, welche Ziele werden damit verfolgt und wie sollen diese eingelöst werden? Unser Analyst und Autor, Dr. Andreas Stiehler, hat sich für den gridscale-Blog eingehend mit dem vermeintlich neuen Hype-Thema der Cloud-Industrie beschäftigt. Nachfolgend seine wichtigsten Erkenntnisse.
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FinOps etabliert sich: Immer mehr Cloud-Kunden experimentieren damit
In der Cloud-Community manifestiert sich ein neuer Trend: Laut einer aktuellen Studie der Computerwoche beschäftigten sich bereits mehr als 90 % der Unternehmen in der DACH-Region mit der Evaluierung bzw. Umsetzung von FinOps. Das Kürzel steht für eine Methodik, die nicht weniger als ein effektives Cloud-Finanzmanagement verspricht und damit bei der Cloud-Kundschaft hierzulande offensichtlich einen Nerv trifft. Deren Entwicklung wird von der FinOps Foundation, ein Projekt der bekannten Open-Source-Organisation Linux Foundation, koordiniert und von zahlreichen Anbietern unterstützt.
FinOps soll das verbreitete Missmanagement bei der Cloud-Nutzung beenden
Aber was ist FinOps genau, was sind die Ziele und wo liegt der Fokus? Auf der Website der FinOps Foundation heißt es dazu:
FinOps is an operational framework and cultural practice which maximizes the business value of cloud, enables timely data-driven decision making, and creates financial accountability through collaboration between engineering, finance, and business teams.
Vereinfacht gesagt: FinOps soll helfen, die Kosteneffizienz bei der Cloud-Nutzung durch eine effektive(re) Zusammenarbeit der beteiligten Akteure zu verbessern. Insbesondere gilt es, typische Kostenfallen im Cloud-Betrieb konsequent auszuschalten. Beispiele hierfür sind:
- die sprichwörtlichen »IT-Leichen« in vielen Unternehmen, die nicht mehr sinnvoll genutzt, aber weiter betrieben werden und Kosten verursachen;
- IT-Infrastruktur-Services, die nicht abgekündigt oder reduziert werden, obwohl diese in dem Umfang nicht mehr notwendig sind;
- Discounts, die mit den Providern ausgehandelt wurden, werden nicht eingefordert, da die Verträge nicht konsequent gemanagt werden (können);
- … und, und, und.
Die Ursachen für diese Probleme liegen auf der Hand:
Mangelnde Transparenz, ungenaue bzw. veraltete Planungen, rigide Abläufe, Silomentalität und fehlende Verantwortlichkeiten bei der Cloud-Nutzung münden in explodierende Cloud-Kosten.
Genau an dieser Stelle setzen die FinOps-Initiativen an. Die Ergebnisse der Studie »The state of FinOps« aus dem Jahr 2024, in deren Rahmen 658 FinOps-Praktiker durch die FinOps Foundation befragt wurden, unterstreichen dies. Demnach wollen die Nutzer mit FinOps in erster Linie »IT-Müll«, ungenutzte Ressourcen, reduzieren und Verträge besser managen. Hierfür wiederum bedarf es mehr Transparenz und bessere Strukturen.
Top-Prioritäten der FinOps-Praktiker
FinOps-Rahmenwerk und Prinzipien sind einleuchtend, aber schwer umzusetzen
Wie aber funktioniert FinOps genau? Zur Umsetzung eines ganzheitlichen Kosten-basierten Cloud-Managements erarbeitete die FinOps Foundation ein Framework, dessen Elemente (siehe Grafik unten) auf der Website der Organisation im Detail vorgestellt werden.
Der Kern und Ankerpunkt der Methodik sind die sechs FinOps-Prinzipien:
- Teams müssen zusammenarbeiten: Kosteneffizienz gemeinsam in den Fokus nehmen und Entscheidungen treffen.
- Entscheidungen durch geschäftlichen Nutzen bestimmen: Balance zwischen Kosten und Nutzen der Cloud-Dienste finden.
- Verantwortung übernehmen: Teams übernehmen Verantwortung für Nutzung und Optimierung von Cloudressourcen.
- Verfügbarkeit und Aktualität der FinOps-Daten: Nutzungs- und Kostendaten zeitnah und einfach zugänglich machen.
- Zentralisiertes Team fördert FinOps: Notwendigkeit einer zentralen Verwaltung zur Gewährleistung von Konsistenz und Automatisierung.
- Profitieren vom variablen Kostenmodell der Cloud: Kontinuierliche Anpassungen bei Cloud-Nutzung und -Optimierung vornehmen.
Die Logik hinter diesen Grundsätzen leuchtet ein, deren praktische Umsetzung aber ist herausfordernd und aufwendig. Aus technischer Perspektive gilt es, Daten zur Cloud-Nutzung und -Kosten gesammelt zugeänglich zu machen, was angesichts der Vielzahl an Cloud-Anwendungen und Providern ein komplexes Vorhaben darstellt. Gleichzeitig sind die Verantwortlichen gefordert, Strukturen zu schaffen, die eine Zusammenarbeit zwischen IT, Business und Finance im Cloud-Umfeld institutionalisieren und die Eigenverantwortung der Teams (auch in Hinblick auf die Cloud-Kosten) fördern. Kurzum:
Die Umsetzung der FinOps-Methodik erfordert signifikante technische Investitionen sowie einen tiefgreifenden Organisations- und Kulturwandel.
Dies erklärt auch, warum das Thema von vielen IT-Management-Softwareanbietern sowie renommierten IT-Beratungen und Systemintegratoren – wie USU oder Kyndrill als Sponsoren der eingangs zitierten Computerwoche-Studie – so intensiv gepuscht wird. Die neue Cloud-Management-Disziplin ist auch eine vielversprechende Umsatzquelle.
Fazit: Ganzheitliches (Finanz-) Management des Cloud-/Edge-Betriebs ist unabdingbar
Ist FinOps also doch nur ein Marketing-Buzzword der Cloud-Industrie? Ganz klar: Nein. Unternehmen, die in nennenswerten Umfang Public-Cloud-Services beziehen, sollten sich Gedanken darüber machen, wie sie die Cloud-Kosten begrenzen können – und sich in diesem Zusammenhang auch mit FinOps auseinandersetzen. Ob und in welchem Umfang die einzelnen Posten des Frameworks umgesetzt und hierfür ggf. noch Beratungsleistungen in Anspruch genommen werden, muss jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden.
Wichtig ist: Die Unterstützung eines ganzheitlichen Cloud-Managements, einschließlich der Transparentmachung der Nutzungsdaten, sollte bei der Auswahl der Cloud-Provider unbedingt adressiert werden.
Wichtig ist weiterhin: Ein Cloud-Finanzmanagement im Sinne von FinOps sollte ganzheitlich, über den reinen Public Cloud Betrieb hinaus gedacht und etabliert werden. Denn der IT-Infrastruktur-Betrieb ist und bleibt heterogen. Dies gilt umso mehr, wenn im Zuge der KI-Entwicklung der Bedarf an dezentralen Datenverarbeitungsmöglichkeiten im Sinne von Edge Computing weiter zunimmt (siehe hierzu auch diesen Blogbeitrag). Denn klar ist:
Unternehmen, die innovative KI-basierte Anwendungsszenarien umsetzen wollen, sollten in der Lage sein, unterschiedliche zentrale und dezentrale Ansätze zur Bereitstellung der IT-Infrastruktur entlang des Cloud-Edge-Kontinuums zu betreiben und ganzheitlich zu managen.
Daraus folgt: Um die nächste Stufe der digitalen Transformation erfolgreich zu gestalten, ist ein ganzheitliches Edge/Cloud-Management unerlässlich. Schließlich gilt es abzuwägen, welche Workloads bzw. Daten für welche Anwendungen über welche (Cloud- und Edge-) Infrastrukturen verarbeitet werden sollten – wobei sowohl die Kosten als auch die technische Performance der Lösung betrachtet werden müssen.
Diese Entwicklung steht jedoch noch am Beginn, wie die Ergebnisse der FinOps-Foundation-Studie bestätigen. Nur etwa jeder zweite Befragte (51 %) berichtet von (zumeist oberflächlichen) Optimierungen hybrider Ansätze mittels FinOps.
Wie hoch ist der Grad der Optimierung der Cloud Services?
Kurz zusammengefasst: Unternehmen hierzulande sollten sich mit der Idee von FinOps auseinandersetzen – dabei aber über den reinen Public-Cloud-Betrieb hinausdenken. Um die nächste Stufe der digitalen Transformation nachhaltig erfolgreich zu meistern, sollten sie in der Lage sein, hybride Edge- und Cloud-basierte Betriebsmodelllösungen unter technischen und finanziellen Gesichtspunkten ganzheitlich zu managen.
Dr. Andreas Stiehler
Dr. Andreas Stiehler begleitet als IT-Analyst, Autor und Berater
seit mehr 20 Jahren Forschungs- und Beratungsprojekte zum
digitalen Wandel. Seine Kernthemen sind hierbei Digital Work &
Digital Workplace, Kundenservice im digitalen Wandel sowie das
Management von Wissensarbeit(ern). Der promovierte Volkswirt
mit Schwerpunkt auf Verhaltensökonomie setzt sich dafür ein,
den digitalen Wandel ganzheitlich zu betrachten und dabei die
Menschen stärker in den Fokus zu rücken.
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