Hybrid-Cloud-Manager gesucht:
Wie Edge Computing die Kräfteverhältnisse im Wettbewerb verändert
Welche Anbieter bevorzugen die Unternehmen bei der Inanspruchnahme von Edge Services? Nach welchen Kriterien werden Edge-Services-Anbieter ausgewählt? Die aktuelle gridscale-Studie zu »Edge Computing in Deutschland, Österreich und der Schweiz 2024« liefert erstmals fundierte Fakten sowohl zum Bedarf an Edge Services als auch zur Auswahl von externen Partnern in diesem Feld. Dr. Andreas Stiehler fasst als Analyst und Autor der Studie nachfolgend die wichtigsten Erkenntnisse zur Edge-Computing-Anbieterwahl zusammen.
Bedarf an externen Edge Computing Services wächst rasant
Die aktuelle gridscale-Edge-Studie, für die 200 IT-Entscheider:innen aus der DACH-Region befragt wurden, zeigt nicht nur einen steigenden Bedarf an lokal bereitgestellter IT-Infrastruktur (im Sinne von Edge Computing), sondern auch: die Unternehmen nehmen hierfür immer mehr externe Dienstleister bzw. Services in Anspruch.
Der Trend zur lokalen Bereitstellung der IT-Infrastruktur (Edge Computing), so untermauern die Studienresultate einmal mehr, rührt eben nicht nur aus dem Wunsch nach mehr Kontrolle über die eigenen Daten her, vielmehr nutzt ein Großteil der Unternehmen heute die Möglichkeiten des Edge Computing ganz bewusst, um eine bessere Nutzererfahrung (UX) zu gewährleisten, Kosten zu sparen oder um die Einführung innovativer (latenzsensibler) Echtzeitanwendungen zu unterstützen.
Allerdings fällt es den meisten Unternehmen schwer, aus eigener Kraft einen lokalen IT-Infrastrukturbetrieb aufrechtzuerhalten: Das hierfür notwendige IT-Fachpersonal ist rar und teuer, gleichzeitig steigen die Anforderungen an den Betrieb der IT-Landschaft und damit der Aufwand. Spezialisierten Dienstleistern fällt es einfacher, IT-Spezialisten für dieses Thema zu gewinnen und zu binden. Sie können skalieren und sind so auch besser in der Lage, die zunehmenden Anforderungen an den IT-Infrastrukturbetrieb effektiv zu adressieren. Dass sich ein Großteil der Unternehmen von IT-Dienstleistern unterstützen lässt, ist also durchaus nachvollziehbar.
Der Bedarf nach Unterstützung durch externe Partner beim Angebot von Edge Services ist …
Bedeutung von Kriterien für die Bewertung von lokal bereitgestellten IT-Infrastruktur-Diensten
Hybrid-Cloud-Management gefordert
Der steigende Bedarf an extern bereitgestellten Edge Computing Services sorgt wiederum für frischen Wind im Wettbewerb der IT-Infrastruktur-Anbieter – und dies nicht nur im Edge-, sondern auch im Cloud-Segment. Schließlich sind die Märkte für Cloud und Edge Computing Services eng aneinander gekoppelt. So bauen viele innovative KI-gestützte Lösungen auf ein Zusammenspiel von Edge- und Cloud-basierter Datenverarbeitung.
Theoretisch ist zwar vorstellbar, dass Edge und Cloud Services von unterschiedlichen Anbietern bereitgestellt werden. In der Praxis wünschen sich die Verantwortlichen von ihren Dienstleistern aber ein einheitliches Management der Edge und Cloud Services.
So steht laut Studie eine einheitliche Administration im Sinne eines Hybrid-Cloud-Managements auch ganz oben auf der Anforderungsliste an die Edge-Provider. Überdies fordern die Unternehmen von den Public-Edge-Anbietern ähnlich hohe Qualität, Funktionalität und Performance wie beim Public-Cloud-Betrieb. Kurzum:
IT-Infrastruktur-Betreiber, die Edge und Cloud Services in hoher Qualität aus einer Hand anbieten und ganzheitlich managen können, haben im Wettbewerb um die Kunden einen signifikanten Vorteil.
Wobei noch offen ist, welche Anbietergruppe künftig beim Rennen im Edge-Services-Markt die Nase vorn hat. Bislang setzt die überwiegende Mehrheit der kleinen Unternehmen beim lokalen Infrastruktur-Betrieb bevorzugt auf lokale Dienstleister (32 %) und im Heimatland ansässige Cloud-Anbieter (27 %). Dagegen nennt ein signifikanter Teil der mittleren und großen Unternehmen (24 % / 21 %) auch europäische Cloud-Anbieter als bevorzugte Partner. Mehr als jedes dritte große Unternehmen arbeitet im Edge-Umfeld (noch) vorwiegend mit Hyperscalern bzw. nicht-europäischen Cloud-Anbietern zusammen.
Bevorzugte Partner beim lokalen Infrastrukturbetrieb nach Unternehmensgröße
Quelle: techconsult im Auftrag der gridscale GmbH. April 2024
Basis: 201 Unternehmen DACH-Region. Rundungsdifferenzen möglich
Edge-Computing-Netzwerke werden immer wichtiger
Allerdings beschränken sich die meisten lokalen Infrastruktur-Angebote heute auf Management oder Hostings von Private Clouds der Unternehmen. Dagegen hat der Aufbau von Edge-Computing-Netzwerken – also von vielen lokalen Rechenzentren (auch Local Zones oder Cloud-Outlets) zur Bereitstellung von Public-Edge-Services, die in der Nähe großer Industrie- oder Bevölkerungszentren betrieben werden und mit zentralen Cloud-Rechenzentren gekoppelt sind – gerade erst begonnen.
Das Potenzial solcher Public-Edge-Service-Netzwerke ist gewaltig, denn sie öffnen das Tor zu neuen innovativen Anwendungsszenarien und Geschäftsmodellen. Die Vorortverarbeitung der Daten sorgt schließlich für eine Minimierung der Latenzzeiten. Damit lassen sich Echtzeitanwendungen – ob zur Steuerung von Maschinen und Anlagen oder für Gaming und Streaming-Erlebnisse – erfolgreich in der Fläche umsetzen. Tatsächlich zeigt laut Studie heute bereits etwa jedes vierte Unternehmen großes Interesse am Angebot von Edge Services an verschiedenen, für das Unternehmen relevanten Standorten (siehe Grafik oben zur Bewertung von Kriterien bei der Anbieterwahl). Wobei Unternehmen mit deutschland-, europa- oder weltweit verteilten Produktions- oder Vertriebsstandorten erwartungsgemäß ein überdurchschnittliches Interesse an Edge-Services-Netzwerken in den jeweiligen Regionen zeigen.
Unternehmen, die eine Bereitstellung von Edge Services an verschiedenen Standorten für »sehr wichtig« erachten (nach Unternehmensstandorten)
Quelle: techconsult im Auftrag der gridscale GmbH. April 2024
Basis: 201 Unternehmen DACH-Region. Rundungsdifferenzen möglich
Fazit: Sourcing- und Positionierungsstrategien auf den Prüfstand stellen!
Insgesamt zeigen die Studienresultate eine immense Dynamik im Edge-Services-Markt, die auch auf den Cloud-Markt »überschwappt«. Unternehmen tun vor diesem Hintergrund gut daran, ihre Sourcing-Strategien für den IT-Infrastrukturbetrieb auf den Prüfstand zu stellen. Dabei gilt es auch, die Roadmaps der Anbieter bzw. deren Aktivitäten mit Blick auf den Aufbau und die Integration von Edge-Service-Netzwerken zu hinterfragen.
Die Anbieter von IT-Infrastruktur-Diensten sollten wiederum die Dynamik im Edge-Computing-Markt zum Anlass nehmen, ihre Partnerstrategien zu justieren und Möglichkeiten für lohnende Partnerschaften im Edge-Umfeld auszuloten. So bietet der Edge-Trend beispielsweise für lokale Rechenzentrumsbetreiber eine hervorragende Möglichkeit, neue Umsatzquellen zu erschließen. Um in diesem Markt nachhaltig erfolgreich zu agieren, sollten sie jedoch in der Lage sein, Edge Services auch an anderen Standorten bereitzustellen sowie Edge und Cloud Services aus einer Hand anzubieten. Dafür aber bedarf es neuer Partnerschaften – ggf. mit Cloud-Anbietern, die ihrerseits wiederum lokale Rechenzentrumskapazitäten benötigen, um der Nachfrage der eigenen Kunden nach Edge-Angeboten nachzukommen.
Dr. Andreas Stiehler
Dr. Andreas Stiehler begleitet als IT-Analyst, Autor und Berater seit mehr 20 Jahren Forschungs- und Beratungsprojekte zum digitalen Wandel. Seine Kernthemen sind hierbei Digital Work & Digital Workplace, Kundenservice im digitalen Wandel sowie das Management von Wissensarbeit(ern). Der promovierte Volkswirt mit Schwerpunkt auf Verhaltensökonomie setzt sich dafür ein,
den digitalen Wandel ganzheitlich zu betrachten und dabei die Menschen stärker in den Fokus zu rücken.
Profil bei LinkedIn