Raus aus dem »Hotel California« der Cloud-Hyperscaler
Warum lokale Partner-Ökosysteme oft die bessere Lösung sind
Es gibt kaum jemanden, der ihn nicht kennt, den weltberühmten Song »Hotel California« der Eagles. »Wir sind nur auf Empfang eingestellt, du kannst einchecken, wann immer du willst, aber du kannst nie wirklich gehen«, heißt es in dem Klassiker von 1969.
So oder so ähnlich kann man sich den Vendor-Lock-In vorstellen, der entsteht, wenn sich Unternehmen in ihrer Cloud-Strategie zu stark auf einen einzigen Anbieter fokussieren. Gerade kleine und mittelgroße Unternehmen setzen dabei häufig bereits früh auf US-amerikanische Hyperscaler. Denn diese Anbieter sind bekannt, leicht und kostengünstig zugänglich und ein Vertrag ist im Handumdrehen aufgesetzt.
Aber: Steht die Zusammenarbeit einmal, wird es gerade für Kunden aus dem Mittelstand schwer, Services ohne teilweise erhebliche Kostensteigerungen anzupassen. Daten werden zudem nicht zwangsläufig DSGVO-konform gehostet und eine persönliche Beratung bleibt meistens aus, wenn man kein Großkunde ist. Daher ergibt es gerade für mittelständische Unternehmen Sinn, lokale Partner-Ökosysteme anstatt Hyperscaler zu nutzen, da diese deutlich flexibler, personalisierter und vor allem DSGVO-konformer arbeiten können. Außerdem verhindern sie durch ihr breites Netzwerk einen Vendor-Lock-In.
Doch auch einige aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen lassen vermuten, dass lokale Anbieter sich in den kommenden Monaten immer stärker gegen die US-Hyperscaler durchsetzen können: denn 2023 wird für Cloud-Anbieter ein herausforderndes Jahr. Die führenden Analysten- und Beratungshäuser rechnen in ihren Vorhersagen zwar weiter mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten, gleichzeitig aber wächst der Kostendruck, steigen die Anforderungen in puncto Sicherheit, Performance und User Experience. Zudem gewinnen Themen wie Edge Computing, Digitale Souveränität oder Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung. Für lokale IaaS-, PaaS- und SaaS-Anbieter bietet diese Konstellation die Möglichkeit, im Wettbewerb mit den großen Cloud-Plattformen zu punkten – insbesondere im Mittelstandssegment. Voraussetzung dafür aber ist ein funktionierendes Partner-Ökosystem.
Laut Gartner dürfte der weltweite Cloud-Markt im Jahr 2023 um mehr als 20 % wachsen – und damit sogar noch etwas stärker als im Jahr 2021.
Für Cloud-Infrastruktur-Services (IaaS) wird beispielsweise ein Wachstum von knapp 30 % prognostiziert.
Grund für grenzenlosen Jubel auf Seiten der Cloud-Anbieter hierzulande ist dies jedoch nicht. Es bleibt unklar, inwieweit sich die von Gartner prognostizierten Wachstumsaussichten auf Deutschland übertragen lassen. Die Ergebnisse des aktuellen Cloud Monitors von KPMG und Bitkom deuten eher auf eine Stagnation bei der Cloud-Neukundengewinnung hin. Dies spricht nicht zwingend gegen weiteres Wachstum, zeigt aber, dass sich das Marktumfeld deutlich schwieriger gestaltet, als es die optimistischen Prognosen auf den ersten Blick erwarten lassen. Doch gerade dieses anspruchsvolle Marktumfeld eröffnet durchaus gute Chancen für lokale Cloud-Anbieter mit mittelstandskonformen Angeboten. Auch die aktuelle Tendenz weg von der Public und hin zur Private Cloud spricht für eine Stärkung kleinerer, lokaler Anbieter.
Vielen Kunden aus dem Mittelstand dürfte vor diesem Hintergrund klar werden, dass ein gutes Cloud-Angebot mehr erfordert als günstige Nutzungsgebühren. Aufwendungen für Schulung, Integration und Support sind ebenso wichtige Bestandteile der Cloud-Kostenrechnung, die insbesondere bei kleineren Cloud-Volumina überproportional stark ins Gewicht fallen. Amazon, Microsoft & Co. glänzen bei diesen Themen bislang wenig. Kein Wunder, sind diese Giganten so weit vom Alltag eines Mittelständlers entfernt, wie nur möglich. Ihre Angebote passen ideal zu globalen Unternehmen, die Daten vor allem außerhalb Deutschlands und der EU hosten. Für den klassischen deutschen Mittelstand bietet sich ein lokales Partner-Ökosystem weit außerhalb des »Hotel California« aber deutlich mehr an.
Cloud Ökosystem: Gemeinsam statt einsam
Der Cloud-Markt profitiert weiterhin von starken Wachstumsraten. Trotzdem müssen sich Cloud-Anbieter 2023 einigen Herausforderungen stellen: wachsender Kostendruck und steigende Anforderungen an die Sicherheit sind nur zwei davon. Dabei stellt sich die Frage, welche Rolle lokale Anbieter im Wettbewerb mit großen Cloud-Plattformen spielen. Ein Blick auf aktuelle Trends zeigt: Die Dominanz der Hyperscaler ist nicht in Stein gemeißelt. Besonders in puncto digitaler Souveränität oder der dezentralen Datenverarbeitung mittels Edge Computing können lokale Anbieter punkten.
Der IT-Analyst Dr. Andreas Stiehler gibt in diesem Spotlight einen Überblick über die Entwicklungen des Cloud-Marktes, zeigt anhand von Studien renommierter Analystenhäuser, womit sich lokale Cloud-Anbieter von den großen Hyperscalern abheben können und warum ein lokales Cloud-Ökosystem sinnvoll ist.